Jürgen Wagner wird "Head of Beach-Volleyball"

Jürgen Wagner unterstützt ab sofort den Deutschen Volleyball-Verband am Olympia-Stützpunkt in Hamburg. Der Erfolgstrainer soll eine einheitliche Philosophie schaffen.

Zwei fast halbtägige Gesprächsrunden im letzten Jahr waren notwendig, dann hatten Niclas Hildebrand und Jürgen Wagner die wichtigsten Grundlagen für ein Beach-Volleyball-Konzept der Zukunft erarbeitet. Vieles ist noch in der Erarbeitung und muss feingeschliffen werden, aber das Ausgangsmodell, wie es sich der Beach-Volleyball-Sportdirektor des DVV und der erfolgreichste Beach-Volleyball-Trainer Deutschlands vorstellen, steht: Jürgen Wagner wird den Verband als „Head of Beach-Volleyball” unterstützen. Geplant ist eine Zusammenarbeit von mindestens 100 Tagen im Jahr, in denen Wagner von Hamburg aus ein Ziel verfolgt: „Wir optimieren Teams an einem zentralen Stützpunkt.”

Was sich dahinter verbirgt, ist ein vielschichtiges Konstrukt. Voraussetzung war erst einmal ein gemeinsames Grundverständnis: „Wir sprechen sportfachlich die gleiche Sprache”, sagt Hildebrand. Festgestellt haben sie das beim Austausch am Rande des Fünf-Sterne-Turniers in Wien und dem World Tour Final in Rom im vergangenen Jahr. Hildebrand suchte nach neuen Wegen, um die Erfolgsstory der deutschen Beach-Fraktion auf eine zukunftsträchtige Basis zu stellen. Wagner stand vor der Entscheidung, was er künftig tun wollte und kam zu dem Schluss: „Ich habe riesige Lust, noch mal etwas richtig Gutes im Sport zu machen.”

„Schnittmenge Wagner“ – Ziel ist eine einheitliche Philosophie

Als Trainer hat er ohnehin schon alles erreicht: Doppel-Olympiasieger, Doppel-Weltmeister, mehrfacher Europameister, 2017 ausgezeichnet als „Trainer des Jahres” des Deutschen Olympischen Sportbundes. Besonders bemerkenswert und wohl einzigartig: Wagner gelangen diese Erfolge als Trainer von Männern (Julius Brink/Jonas Reckermann) und Frauen (Laura Ludwig/Kira Walkenhorst). „Egal, wohin ich geschaut habe, es gab immer die Schnittmenge Wagner”, sagt Hildebrand. „Diese Expertise darf dem deutschen Volleyball nicht verloren gehen.” Und Wagner bringt sie gern ein: „Ich will sie nicht mit ins Grab nehmen.”

Hildebrand hat seit seinem Amtsantritt im Februar 2018 gemerkt, dass „ich nicht die Nähe zu den Aktiven in ihrer tagtäglichen Arbeit haben kann, wie es die Trainer können.” Dafür braucht es einen Cheftrainer, der auch Hildebrands Interessen, und damit die des Verbandes, vertritt und entwickelt. Hildebrand wird sich um die strukturellen und organisatorischen Dinge kümmern. Wagners Ziel ist die Schaffung einer einheitlichen Philosophie, nach der und mit der alle Beteiligten, von den Trainern, Medizinern, Trainingswissenschaftler, Psychologen, Vermarktern bis hin zu den Athleten und Athletinnen arbeiten können. „Alle sind eingeladen, sich daran zu beteiligen”, sagt Wagner, „aber wir geben einen klaren stringenten Weg vor. Wir alle werden dadurch unser Angebot schärfen und besser werden.”

Weitere Zentralisierung – Qualität soll gesteigert werden

In der Vergangenheit stand die Zentralisierung in Hamburg oft in der Kritik, weiß Hildebrand: „Es gab das Bild: Wenn Du nicht nach Hamburg kommst, gibt es keine Förderung vom DVV und Du bist raus.” Natürlich gab es Teams, und die wird es auch weiterhin geben, die an anderen Standorten und mit anderem Stab erfolgreich waren und sein werden. Aber, so Wagner: „Wir werden hier die Qualität so hochschrauben, dass keiner daran vorbeikommt.”

Die Unterstützung des Verbandes hat das Projekt. Wagner wird sich auch in die A-Trainer-Ausbildung einbringen, wird Fortbildungen für die Trainer des Verbandes anbieten. Ausgehandelt ist auch ein Vorschlags- und Vetorecht zwischen Verband und Wagner, der sagt: „Ich will nicht alles allein entscheiden. Aber ich will deutlich Einfluss nehmen können auf Spieler und Trainer.” Natürlich wird das Projekt auch immer wieder auf den Prüfstand gestellt, aber Wagner würde den Weg kaum gehen, wenn er davon nicht überzeugt wäre: „An ein Scheitern glaube ich nicht.”

Dabei wird es keinen Weg der schnellen Schritte geben. Bei einer Sichtung der Abwehrspielerinnen mit Perspektive für die Olympia-Zyklen 2024 und 2028 im Juni präsentierten Wagner und Hildebrand erstmals die Philosophie und das Konzept und stießen auf „viele Fragezeichen, eine hohe Aufmerksamkeit und die Erkenntnis, dass sie sich bislang damit wenig auseinandergesetzt haben”, so Wagner. Es hat gezeigt, dass der Weg lang ist, aber, „wenn jeder ein, zwei Dinge annimmt und verändert, ist schon viel gewonnen.”

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