Das sind die Favorit:innen

Bei diesen Olympischen Spielen kommt es etwas weniger darauf an, ob man seinen Angstgegner im Pool hat, weil alle Teams mit einem ungewissen Gefühl anreisen. Die Vorbereitung ist nach der drohenden Absage und der Verschiebung sehr komisch gewesen, selbst wenn ein Duo alle möglichen Events gespielt hat. Immerhin hat der Weltverband einen fairen Qualifikationsmodus gefunden, das ist für Sportler und Sportlerinnen immer wichtig. In Tokio spielen die Teams, die dort auch hingehören.

Über Julius Brink

Julius Brink war der erste Europäer, der drei WM-Medaillen gewinnen konnte. Mit drei Europameistertiteln, acht Turniersiegen auf der FIVB World Tour und fünf deutschen Titeln gehört Brink zu den erfolgreichsten deutschen Beach-Volleyballern. Seine größten Erfolge waren der Gewinn der Weltmeisterschaft 2009 und der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in London 2012 mit seinem Partner Jonas Reckermann. Seitdem ist er unter anderem als TV-Experte tätig. In Tokio wird er für die ARD Beach-Volleyball-Spiele kommentieren.

Bei den Herren ist es schon so, dass die Norweger Anders Mol/Christian Sørum über den Dingen stehen, gerade weil sie normalerweise sehr konstant spielen. Sie sind schlagbar, aber die Gegner müssen im Normalfall über sich hinauswachsen, um das zu tun, und ihr allerbestes Beach-Volleyball spielen. Mol und Sørum sind die großen Favoriten, was es aber nicht einfacher macht, Olympische Spiele zu spielen. Es ist cool, unangefochtene Nummer eins zu sein. Aber sie haben noch keine Olympia-Erfahrung, wissen nicht, was genau da eigentlich auf sie zukommt. Das wird eine extrem interessante Geschichte.

Insgesamt gibt es bestimmt zehn Teams, denen ich eine Medaille zutraue. Dazu gehören auch Julius Thole und Clemens Wickler. Sie haben gar nicht so kleine Chancen, Mol/Sørum oder andere Teams zu schlagen, und so mit auf das Treppchen zu kommen. Die Russen Viacheslav Krasilnikov und Oleg Stoyanovskiy sind zwar Weltmeister und haben auch die World Tour Finals gewonnen. Sie gehören deswegen auch ganz klar zu diesen zehn Teams. In Hamburg haben sie brutal stark gespielt, aber ihre Formkurve zeigt etwas nach unten. Und dann landet dieses Team auch mal direkt in den unteren Rängen.  Ahmed Tijan und Cherif Samba aus Katar waren in Mexiko absolut beeindruckend. Sie bringen eine gute Spielanlage mit, die auch bei Olympischen Spielen interessant ist. Ihr Stil ist nicht so kraftraubend, sie sind leichte, filigrane Spielertypen, die sich in einen Flow spielen können. Das ist dann aber auch kein Geheimtipp mehr. Auch Enrico Rossi und Adrian Carambula sind jetzt noch einmal richtig gut geworden. Aber sie gewinnen ja gerade Medaillen, da ist es ebenfalls schwer, sie als Geheimfavorit zu betiteln. Sonst hat man oft vier bis fünf Medaillenkandidaten, die das unter sich ausmachen, wer in das Halbfinale einzieht. Dann gibt es vielleicht noch einen Geheimfavoriten. In diesem Jahr ist das anders.

Bei den Damen finde ich eine Einschätzung noch schwieriger. Die US-Amerikanerinnen Alix Klineman und April Ross sind sicherlich große Favoritinnen, genauso wie Melissa Humana-Parades und Sarah Pavan aus Kanada. Aber auch die Brasilianerinnen Rebecca/Ana Patricia und Agatha/Duda haben gute Chancen. Spannend finde ich auch das zweite kanadische Team, Heather Bansley und Brandie Wilkerson. Laura Ludwig und Margareta Kozuch haben bei den World Tour Finals in Rom einmal gezeigt, dass es für alle Teams reichen kann. Und das bei einem Turnier, das für sie ultrawichtig war, weil sie damals noch nicht qualifiziert waren und sie ordentlich Punkte brauchen. Karla Borger und Julia Sude haben zwar im Qualikationszeitraum keine Medaille geholt, aber sich mit wenig Anlaufzeit souverän qualifiziert und dabei alle Top-Teams mal geschlagen. Deswegen zähle ich sie auch dazu.

Können Julius Thole und Clemens Wickler ihre Gruppe gewinnen?

Mit Paolo Nicolai/Daniele Lupo aus Italien und Piotr Kantor/Bartosz Losiak aus Polen haben Julius und Clemens Teams im Pool, die sie schlagen können – wenn sie die Form von der WM in Hamburg zeigen, dann auch müssen. Wenn sie gut aus der Gruppe rauskommen wollen, bleibt ihnen auch nichts anderes übrig. Die Polen haben aber zuletzt das Vier-Sterne-Turnier in Sotschi gewonnen. Sie spielen einen interessanten Spielstil, gegen dieses verspielte Beach-Volleyball kann Clemens aber in der Abwehr sehr gut dagegenhalten und Möglichkeiten finden. Interessant ist auch, dass ihr Trainer Martin Oljenak die Polen lange trainiert hat, sie werden sehr gut vorbereitet sein. Nicolai/Lupo sind die Silbermedaillengewinner von 2016 und sind immer noch ein sehr gutes Team. Die Japaner Yusuke Gottsu/Katsuhiro Shiratori sind als Gastgeber zwar Gruppenkopf, sind aber das Duo, das leistungstechnisch abfällt. Ich glaube schon, dass Julius und Clemens die Gruppe auch als Gruppenerste für sich entscheiden können, aber die Italiener und Polen gehören aber schon zu den Teams, die ich zu den möglichen Medaillenkandidaten zähle.

Keine einfache Aufgabe für Laura Ludwig und Margareta Kozuch

Auch Laura und Maggie haben mit Miki Ishii/Megumi Murakami ein Gastgeber-Team in der Gruppe. Das ist ein Duo, das du schlagen musst. Letztlich sind das zwei dankbare Gruppenvierte, weil das Teams sind, die sich sportlich nicht unbedingt qualifiziert hätten. Nina Betschart und Tanja Hüberli zählen für mich dagegen zu den Medaillenfavoritinnen, auch Barbara Hermannova und Marketa Slukova sind ein schwierig zu spielendes Team. Das wird eine schwierige Kiste.

"Sehr komplizierte Gruppe"

Über Sarah Pavan und Melissa Humana-Paredes wird es bei Olympia gehen, sie sind absolute Medaillenfavoritinnen. Karla und Julia haben auch eine sehr komplizierte Gruppe erwischt, weil selbst die Niederländerinnen Raisa Schoon und Katja Stam keine einfachen Gegnerinnen sind. Sie haben sich zwar nur über den Continental Cup qualifiziert, sind aber ein Team, das schon jetzt zeigt, dass sie sich für die Spiele in Paris locker über die Rangliste qualifizieren können. Sie haben eine brutale Qualität, es dauert nur noch etwas, bis sich das auch im Ranking widerspiegelt. Ich glaube nicht, dass sie ohne einen Sieg aus der Gruppenphase gehen werden. Joana Heidrich und Anouk Vergé-Dépré haben immer mal wieder Formschwankungen, da kommt es im direkten Duell auf die Tagesform an, das ist ein offener Schlagabtausch. Diese Gruppe wird sehr spannend.