Von Olympia-Hoffnungen, Rohdiamanten und Körperakrobaten

New Kids in town: Diese jungen Spieler und Spielerinnen sollten Beach-Volleyball-Fans im Blick behalten.

Svenja Müller: Die große Hoffnung

Schon seit ihrem 14. Lebensjahr wird die 1,92 Meter große Blockspielerin von Trainerlegende Jürgen Wagner bei einem behutsamen Aufbau ihrer Karriere beraten. Wagner sieht großes Potential in der 20-Jährigen. “Svenja hat für ihre Größe einen extrem guten Balltouch, sie ist im Block und im Angriff herausragend”, sagte er in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt. Seit Oktober 2020 lebt und trainiert Müller nun am Bundesstützpunkt in Hamburg. An der Seite der erfahreneren Cinja Tillmann soll die 20-Jährige nun den nächsten Schritt machen.  Bis zu ihrem Abitur lebte sie in Dortmund und fuhr einmal in der Woche aus ihrer Heimatstadt zum Beach-Volleyball-Training nach Düsseldorf. Dort trainierte sie unter der Regie des ehemaligen Europameisters und mehrfachen Deutschen Meisters, Markus Dieckmann, der auch schon Julius Thole und Clemens Wickler erfolgreich weiterentwickelt hat. 

Sie wird als das vielleicht größte Talent gehandelt, was Beach-Volleyball-Deutschland zu bieten hat. Sie selber sagt, dass sie zu den Olympischen Spielen 2028 möchte. Eine große Erwartungshaltung, die Druck aufbauen könnte. Druck, den sie aber nicht an sich heranlassen möchte. 

Lukas Pfretzschner: Der DM-Dauergast

“Der fünfte Platz hat eine wahnsinnig große Bedeutung für mich, weil er mir viel Selbstvertrauen gibt”, blickt Lukas Pfretzschner auf die erfolgreiche Teilnahme an der Europameisterschaft zurück. “Gleichzeitig hat die EM mir gnadenlos gezeigt, woran es noch scheitert - das hat mich nochmal unheimlich motiviert.” 

Die Leistungsschwankungen sind noch groß, gerade bei jungen Spielern ist das aber nichts Ungewöhnliches. Langsam sollten sie aber geringer ausfallen. “Das ist auch ein entscheidender Faktor, wie man damit klarkommt”, betont Pfretzschner. Beim letzten regulären Qualifier holten Pfretzschner und Partner Robin Sowa den Turniersieg, bei der DM ist Pfretzschner trotz seiner 21 Jahre schon quasi Dauergast: Es ist seine vierte Meisterschaft.

Simon Pfretzschner: Der Strukturierte

Mindestens ähnlich talentiert ist auch Pfretzschners Bruder Simon. “Ich mache das alles schon ein paar Jahre, aber ich habe noch nie jemanden gesehen, der so eine Struktur mitbringt”, sagt sein Trainer Kersten Holthausen. “Er ist sehr organisiert und kann seine Bewegungen und sich sehr gut reflektieren. Was das angeht, tritt er wie jemand auf, der Mitte 40 ist, nicht erst 19.” Und das ist als Kompliment gemeint.

Auf dem Spielfeld selber ist Pfretzschners stärkste Waffe der Sprungaufschlag - momentan hat er aber mit enormen Rückenproblemen zu kämpfen. Zumindest im Alltag sei er mittlerweile aber wieder schmerzfrei, sagt Holthausen.

Philipp Huster: Der Rohdiamant

“Als er vor einem Jahr nach Berlin gekommen ist, konnte er nicht geradeaus pritschen und baggern. Aber er ist ein Rohdiamant”, sagt Holthausen über Philipp Huster. Denn der 19-Jährige hat “ein Profil, mit dem er eine Benchmark setzen kann. Er ist Linkshänder, ist sehr athletisch und im Kopf schon relativ klar.” Huster entwickelt sich extrem schnell, nach einem Jahr in Berlin wechselt er nun an den Stützpunkt in Hamburg. Die Partnersuche ist noch nicht komplett abgeschlossen, zu viele Fragezeichen gibt es derzeit noch im Herrenbereich - das meiste hängt davon ab, mit wem Nils Ehlers letztlich weitermacht. So oder so, Holthausen glaubt an Husters Entwicklungsmöglichkeiten: “Er hat noch so viel Potential, irgendwann kann er Nummer-Eins-Blockspieler in Deutschland werden.”

Lui Wüst: Der Körperakrobat

Mit “nur” 1,86 Meter zählt Lui Wüst nicht zu den größten Beach-Volleyball-Spielern - auch in der Abwehr nicht. “Deswegen hat er nicht die größte Lobby. Aber Lui ist ein echter Körperakrobat und sehr intelligent”, sagt Holthausen. Die Beach-Badminton-Duelle zwischen Wüst und Simon Pfretzschner seien legendär. Der 19-Jährige spielt erst seit vier Jahren Beach-Volleyball, aber Holthausen ist sich sicher: “Er wird seinen Weg gehen.”

 

Die jungen Wilden in Stuttgart und Berlin

Spricht man Tobias Rex auf Athletinnen mit Potenzial an, fallen direkt diverse Namen: Anna Grüne (“lebt von Spielwitz”), Sarah Schulz (“hat einen großen Entwicklungssprung gemacht”), Lea Kunst (“unheimlich stark zurückgekämpft nach ihrer Fußverletzung”), Jule Mantsch/Annika Berndt (“U18, U19 und U20-DM gewonnen”)... Die Schwierigkeit, junge Spielerinnen schon früh einschätzen zu müssen, bleibt. Viele Lebensentscheidungen müssen noch getroffen werden und dann gibt es ja auch noch die große Abhängigkeit von Förderentscheidungen - und davon, welche Partnerinnen-Optionen es überhaupt gibt.

“Sarah Schulz profitiert gerade ungemein von Chantals Erfahrungen, Chanti kann auch noch mal andere Sachen weitergeben, als wir Trainer. Aber da ist noch unklar, wie es weitergeht”, betont Rex. Was die vergangenen Monate vor allem gezeigt haben: Die Kombination aus jungen Spielerinnen und erfahrenen Counterparts funktioniert. Auch für die routinierten Partnerinnen: “Chantal hat zum Beispiel wieder viel mehr zu ihrer Spielfreude zurückgefunden”, betont Rex.

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